mit dem Geisaer Amt, Dermbach, Hammelburg und Hünfelder Land
Autorenteam:
Michael Imhof, Burghard Preusler, Gregor Stasch
mit einem Beitrag von Gerd Weiß
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Strategische Ziele zur Ausrichtung der Pastoral im Bistum Fulda
Lesen Sie die aktuellen liturgischen Texte und Tagesimpulse.
Die Orgelbautradition in Fulda und der Rhön beginnt im späten 17. Jahrhundert und hat ihren Ausgangsort in Blankenau mit der Familie Bien (Biehn). Stammvater war Johann Daniel Bien (Biehn) aus Blankenau, er war Organist, Schreiner und galt als sehr geschickt. Er starb 1670. Sein Sohn Johannes Bien (Biehn) wurde 1663 in Blankenau geboren und war der bedeutendste Meister der Familie (Biehn) Bien. Er war Schreiner wie sein Vater und schuf um 1700 die bis heute erhaltene barocke Kanzel in der Blankenauer Kirche. Wo er seine Kenntnisse im Orgelbau erworben hat, ist bis heute nicht geklärt.
Im Zeitraum von 1701 – 1734 ist er mit Orgelarbeiten nachgewiesen, unter anderem schuf er Neubauten in Elm und Herolz bei Schlüchtern und auf dem Florenberg bei Fulda. Alle diese Werke sind leider nicht erhalten bis auf die Orgel in Blankenau. Johannes Biehn (Bien) starb 1739 in Blankenau.
Die
Orgelbauwerkstatt wurde von seinem Sohn Franz Karl Biehn (Bien) weitergeführt.
Er ist vermutlich der Erbauer der Blankenauer Orgel von 1744, die bis heute von
der Kunst des Orgelbaus dieser Stammfamilie zeugt. Einer der Schüler Biehns
(Biens) war mit hoher Wahrscheinlichkeit Jost Oestreich, der Stammvater der
bedeutenden Orgelbauersippe Oesterreich, die in Oberbimbach und Bachrain lebte
und in der zweiten Hälfte des 18. und das ganze 19. Jahrhundert hindurch
Orgelbau und Orgelästhetik in Osthessen und darüber hinaus maßgeblich
mitgeprägt hat. So betreute zum Beispiel Jost Oestreich ab 1761 die Orgel im
Fuldaer Dom.
1884
wurde das ursprünglich einmanualige Werk Biens mit 9 Registern umgebaut, auf zwei
Manuale erweitert und klanglich romantisiert. Diese Arbeiten führten die
Gebrüder Euler aus Gottsbüren bei Kassel /Hofgeismar durch. In diesem Zustand befand
sich die Orgel bis Anfang der 1990er Jahre.
1993 erfolgte dann eine
stilgerechte Renovierung der Orgel durch die Firma Horst und Günter Hoffmann in
Ostheim vor der Rhön. Die Disposition von 1744 war dabei Ausgangs- und
stilistischer Orientierungspunkt für die Klanggestaltung der Orgel mit nun 21
Registern auf zwei Manualen und Pedal.
Die
1744 erbaute und 1993 renovierte und erweiterte Biehn-(Bien) Orgel in Blankenau
besitzt einen prächtigen Barockprospekt mit dem Wappen des Propstes und
späteren Fuldaer Fürstbischofs Adalbert von Walderdorff (1697 – 1759). Die
Orgel umfasst heute 21 Register auf 2 Manualen und Pedal, die Disposition des
Hauptwerks entspricht im Wesentlichen der Disposition, die Franz Karl Biehn (Bien)
1744 gebaut hat.
Die
ehemalige Propsteikirche besitzt heute somit ein Orgelinstrument, das Zeugnis
ablegt vom Beginn einer langen Orgelbautradition im Fuldaer Land. Diese kann über
eine bruchlose Traditions- und Entwicklungslinie von der Stammfamilie Biehn (Bien)
über die weit verzweigte Dynastie der Oestreichs von dort über die
hauptsächlich im unterfränkischen wirkenden Gebrüder Schneider, von diesen
wiederum über Michael Katzenberger und von diesem bis hin zur heute in Ostheim
vor der Rhön wirkenden Orgelbauerfamilie Hey verfolgen.
Die
Blankenauer Orgel ist die einzig erhaltene Orgel der Familie Biehn (Bien).
Die hohe Luftfeuchtigkeit gerade in älteren Kirchen und die unzureichende Belüftung führte in den letzten Jahrzehnten dazu, dass sich in den Orgelpfeifen Schimmel ausgebreitet hat. Mit dem Problem der Schimmelbildung war nicht nur die Blankenauer Orgel konfrontiert, sondern dies ist ein grundsätzliches Problem, denn feuchtwarme Luft bildet einen hervorragenden Nährboden für Schimmelpilze.
Wissenschaftliche
Untersuchungen und baubiologische Erkenntnisse insbesondere in den letzten
Jahrzehnten haben ergeben, dass Schimmelpilze in Innenräumen nicht toleriert
werden können, da sie generell allergenes Potential besitzen und Auswirkungen
auf die Gesundheit haben. Durch kleinere kostengünstige Maßnahmen wie regelmäßige
Kontrolle der Luftfeuchtigkeit, gezieltes manuelles Querlüften oder Erhöhung
der Raumtemperatur konnte der Schimmelausbreitung nicht Einhalt geboten werden.
Im Rahmen der Kirchendachsanierung musste im April 2021 die Orgel nahezu vollständig abgebaut und gesichert werden. Das gesamte Pfeifenwerk wurde ausgehoben, vorsichtig verpackt und im Paramenten-Raum der Kirche bzw. in der Orgelbauerwerkstatt eingelagert, ebenso der gesamte Orgelprospekt. Das verbliebene Orgelgehäuse wurde gesichert und eingehaust.
Was lag daher näher, nun auch die grundlegende Sanierung der Orgel und Lüftungstechnik in Angriff zu nehmen? Am 14. Juni 2021 hat der Verwaltungsrat in Verbindung mit der Dachsanierung entschieden, neben einer umfassenden Reinigung der Orgel mit Entfernung des Schimmelpilzbefalls, das Problem an der Wurzel anzupacken und die Heizungs- und Lüftungstechnik in der Kirche zu erneuern.
In
der Kirche sind entsprechende Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsmesser
angebracht worden, über welche die Heizung und Lüftung vollautomatisch
gesteuert wird. Wenn die Luftfeuchtigkeit bestimmte Grenzwerte überschreitet,
öffnen sich über Stellmotoren die Oberlichter der Fenster und über die
Heizungs- und Lüftungsanlage wird dem Kircheninnenraum trockene und warme Luft
zugeführt.
Auch die Filter in den Heizungsschächten sind auf den neuesten technischen Stand gebracht worden. Mit der neuen Technik kann der Kirchenraum nachhaltig und ohne erhöhte Betriebskosten raumklimatisch im Gleichgewicht gehalten werden.
In der Vergangenheit wurden zur Verbesserung des Luftaustauschs zum Teil während und nach den Gottesdiensten die Kirchentüren offengelassen. Zukünftig müssen die Kirchentüren stets geschlossen gehalten werden, da sonst die vollautomatische Lüftungssteuerung energieaufwendig versucht, das Kirchenraumklima ins Gleichgewicht zu bringen.
Mit
der Orgelsanierung und neuen Lüftungstechnik ist nun ein Umfeld geschaffen
worden, was dazu anspornen sollte, Gottesdienste zukünftig wieder verstärkt zu
besuchen, um das neue Klangerlebnis der Orgel zu genießen und die
Investitionskosten pro Gottesdienstbesuch pro Teilnehmer/-in zu minimieren, der
Verbesserung des Seelenheils der Gläubigen steht nun nichts mehr im Wege.
Die Gesamtkosten der Sanierung belaufen sich auf rund 125.000,00 EUR, an der Finanzierung beteiligten sich das Bistum Fulda, die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, das Landesamt für Denkmalpflege und die Gemeinde Hosenfeld, auf die Kirchengemeinde entfallen rund 38.000 EUR.
Im
Jahr 1802 musste Propst Josef von Hettersdorf, letzter Propst von Blankenau
(1775 bis 1802), infolge der Säkularisierung durch Napoleon die Aufhebung der
Propstei Blankenau erleben. Blankenau fiel wie das gesamte Fürstbistum Fulda
zunächst an den Prinzen von Oranien und später an mehrere andere Besitzer, ehe
die ehemalige Propstei Staatsdomäne des preußischen Staates wurde. Vor diesem
Hintergrund stellte sich dann auch die Frage, wer bezahlt den
Orgel-Bälgetreter?
lm Jahre 1822 stellte das Bischöfliche Generalvikariat zu Fulda einen Antrag an das Innenministerium in Kassel auf Wiedereinstellung eines Bälgetreters in Blankenau auf Staatskosten. Verwundert fragte Kassel zurück, wie es komme, dass die Bälgetreter-Besoldung aus der Staatskasse zu zahlen sei; solche sei als „“Lokallast" doch von den jeweiligen Gemeinden zu tragen. Es wurde daraufhin dem Ministerium „bedeutet“, dass der 1821 verstorbene Bälgetreter Johann Blinzler aus Blankenau bisher aus der Staatskasse bezahlt worden sei, denn nach der Aufhebung der Propstei Blankenau im Jahre 1803 sei auch diese Verbindlichkeit der „Cammer-Cassel zugewachsen.
Kassel fragte zurück, „ob es einer besonderen Anstellung bedürfe, oder nicht vielmehr dieses Geschäft von einem vorhandenen Kirchendiener mitversehen werden könne“.
Die Bischöfliche Behörde antwortete: „Außer dem Schullehrer, welcher zugleich Kirchendiener und Organist ist, ist kein anderer Kirchendiener angestellt, und somit die Wiedereinstellung eines Bälgetreters umso nothwendiger, als der Organist und Kirchendiener nicht zugleich die Bälge treten kann.“
Es stellte sich heraus, dass die Besoldung Blinzlers zwar von der Staatskasse bei der Säkularisation übernommen worden war, aber als Pension, und daß diese somit beim Tode Blinzlers erloschen war.
Deshalb
erfolgte am 16. Dezember 1822 der Ministerbeschluss in Kassel: „Die Regierung
in Fulda hat die Vergütung des Balgtretens in der genannten Kirche der Gemeinde
zu übertragen.“ Es handelte sich um 7 Gulden jährlich. Die politische Gemeinde
hat aber nicht gezahlt. Denn im Jahre 1826 beantragte der neue Bälgetreter
Peter Mohr, dass ihm diese Besoldung aus der Kirchenkasse gezahlt werden möge.
Er schrieb an die Regierung in Fulda:
„Ich habe bisher den Dienst eines Balgtreters in dasiger Kirche versehen, bis jetzt aber die dafür bestimmte Besoldung noch nicht erhalten. Ich sehe mich daher genöthigt, bei Kurfürstlicher Regierung die unterthänige Bitte vorzulegen, gnädig zu verfügen, daß mir der Besoldungsrückstand als auch die laufende Besoldung aus dem Antheil der Blankenauer Kirche an den Kultuskostengeldern ausbezahlt werde.“
Auf Anfrage der Regierung, ob die Zinserträge der Pfarrgemeinde Blankenau für diesen Zweck verwendet werden könnten, antwortete das Kreisamt Fulda: „Nach dem anliegenden Schreiben des Pfarrers zu Blankenau hat der Balgtreter Mohr sein Gehalt zu 7 fl. (Gulden) vom Jahre 1823, 1824, 1825 und 1826 noch zu fordern. Da die Zinsen der Kirche zu ihrer Erhaltung gehören, so ist es wohl unbedenklich, daß jene Kosten daraus entnommen werden können, da fest steht, daß die Gemeinde dieses nicht zu bezahlen hat.“
Der Beschluss der Regierung vom 25. Juli 1826 lautete:
„Kreisamt Fulda wird angewiesen, den rückständigen Balgtreter-Gehalt des Calcanten Mohr zu Blankenau pro 1823, 1824 und 1825 zu je 7 Gulden pro Jahr aus den der Pfarrkirche zu Blankenau gehörigen Zinsbeträgen zu entrichten und die desfallige Quittung dem Kirchenrechnungsführer zuzuhändigen.“
© St. Simon und Judas, Hosenfeld-Blankenau